Dornröschen | Gebrüder Grimm

Vorzeiten lebten ein König und eine Königin, die wünschten sich nichts sehnlicher als ein Kind, doch sie bekamen keins. Endlich gebar die Königin ein Mädchen. In seiner Freude lud der König auch die weisen Frauen seines Landes ein. Doch da er nur zwölf goldene Teller hatte, musste die dreizehnte zu Hause bleiben.

Diese war darüber so erzürnt, dass sie sprach: „In ihrem fünfzehnten Lebensjahr soll sich die Königstochter an einer Spindel stechen und tot umfallen.“ Die zwölfte weise Frau konnte den Spruch nur abmildern in einen hundertjährigen Schlaf.

Der König wusste sich nicht anders zu helfen und ließ alle Spindeln verbrennen.

Dornröschen wuchs heran und alle guten Wünsche erfüllen sich an ihr. Gerade an ihrem fünfzehnten Geburtstag sah das schöne Mädchen eine alte Frau an einem Spinnrad sitzen, wunderte sich und wollte es auch versuchen. Sie stach sich und der Zauberspruch ging in Erfüllung. Alles Lebendige im Schloss fiel in einen hundertjährigen Schlaf und rings herum wuchs eine dichte Dornenhecke.

Im Land sprach man seitdem vom schlafenden Dornröschen und viele Königssöhne versuchten ihr Glück. Alle blieben in den Dornen hängen. Einer jedoch trat mühelos hindurch, denn gerade da waren die hundert Jahre herum. Er küsste Dornröschen und alle erwachten mit ihr – auch der Koch, der dem Küchenjungen eine Ohrfeige gab. Sie feierten Hochzeit und lebten glücklich bis an ihr Ende.

„In ihrem fünfzehnten Lebensjahr soll sich die Königstochter an einer Spindel stechen und tot umfallen.“


(c) Autorin Andrea Rölke