Rumpelstilzchen | Gebrüder Grimm

Ein armer Müller hatte eine schöne Tochter. Als er einmal mit dem König sprach, prahlte er: „Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“ Der König sperrte die Tochter in eine Kammer voll Stroh und drohte ihr mit dem Tod, wenn sie es nicht zu Gold machen könnte. Als die Müllerstochter in ihrer großen Angst weinte, erschien ihr ein kleines Männchen. Für ein Halsband und einen Ring spann es zwei Nächte lang alles Stroh zu Gold. In der dritten Nacht half das Männchen wieder und da die Müllerstochter nichts mehr zu geben hatte, versprach sie ihm ihr erstes Kind.

Als die Müllerstochter Königin wurde und ihr erstes Kind zur Welt brachte, forderte das Männchen ihr Versprechen ein. Weil sie aber so jammerte und weinte, hatte das Männchen Mitleid und gab ihr drei Tage Zeit, seinen Namen zu erraten. Dann könne sie ihr Kind behalten.

Die Königin schickte Boten übers Land und nannte ungewöhnliche Namen, aber immer rief das Männchen: „So heiß ich nicht.“ Ein Bote aber kam in einen Wald, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten, und sah ein Männlein ums Feuer springen und rufen: „Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind; ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß.“ Als die Königin diesen Namen nannte, war es der richtige. Das Männlein fuhr vor Zorn in die Erde und riss sich vor Wut selbst mitten entzwei.

„Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß.“


(c) Autorin Andrea Rölke